Einleitung
Gelesen – und jede Seite geliebt.
David Lama war mehr als nur ein Bergsteiger – er war ein Visionär, ein Grenzgänger zwischen Extremsport, Spiritualität und purer Leidenschaft.
Geboren 1990 als Sohn eines nepalesischen Sherpas und einer österreichischen Mutter, war ihm das Bergsteigen fast schon in die Wiege gelegt. Schon als Kind zeigte sich sein außergewöhnliches Talent: Mit fünf kletterte er mühelos Wände empor, mit fünfzehn wurde er der jüngste Gewinner des Weltcups im Sportklettern.
Es gibt Bergsteigerbücher, die erzählen von Gipfeln, Graden und Grenzerfahrungen. Und es gibt Bücher wie „Sein Leben für die Berge“ von David Lama – sie erzählen von einem Menschen. Beim Lesen dieses Buches hatte ich nicht das Gefühl, einem Helden zuzuhören, sondern jemandem, der seine Leidenschaft bis ins Innerste gelebt hat.
David Lama lässt in seinen Texten keinen Abstand zwischen sich und den Leser entstehen. Seine Worte sind klar, nah und oft überraschend leise – keine lauten Triumphe, sondern ehrliche Gedanken über das, was ihn antrieb, was ihn zweifeln ließ und was ihn immer wieder zurück in die Wand zog.
Dieses Buch ist keine klassische Biografie. Es ist ein Mosaik aus Erinnerungen, Überzeugungen und Momentaufnahmen eines Lebens, das intensiv, kompromisslos und auf eine stille Art sehr bewusst geführt wurde. Man findet darin viel mehr als nur Tourenberichte – nämlich einen tiefen Blick in die Seele eines Menschen, der nie aufgehört hat, seinen eigenen Weg zu suchen.
Ein Buch wie ein Kletterweg: fordernd, ehrlich und voller Tiefe
In Sein Leben für die Berge begegnen wir nicht nur dem Ausnahmebergsteiger David Lama, sondern vor allem dem Menschen hinter den Schlagzeilen. Es ist keine Heldenerzählung, sondern eine leise, präzise und bewegende Innenschau – geschrieben mit der Direktheit eines außergewöhnlichen Mannes.
David Lama war nie laut. Er sprach schon immer durch Taten, durch Tiefe. Seine Filme, Fotos und Interviews zeigen einen Menschen, der in der Stille der Berge seine eigene Stimme fand.
Als er 2019 im Alter von nur 28 Jahren bei einer Lawine in Kanada starb, verlor die Welt nicht nur einen Alpinisten – sondern einen Menschen, der gezeigt hat, dass echte Größe oft in der Hingabe liegt. Sein Leben war ein Dialog mit der Natur, seine Botschaft ein leiser Ruf, dem Herzen zu folgen – auch wenn es in die höchsten Höhen führt.
In seinem Buch führt uns Lama durch seine Welt, von der Kindheit mit nepalesischen Wurzeln bis zu den größten Wänden des Alpinismus. Er erzählt von Ruhm, ja – aber viel eindringlicher von Zweifeln, vom Ringen mit der eigenen Grenze und dem Glück im Einfachen. Die Berge sind hier nicht nur Ziele, sie sind Beziehungspartner: mal fordernd, mal tröstlich, nie berechenbar.
Was bleibt, ist ein Gefühl von Nähe. Der Text pulsiert vor Leben, auch dort, wo er vom Tod nicht schweigt. Es geht um mehr als Höhenmeter – es geht um Haltung, um ein Lebensgefühl, das nichts mit Weltflucht zu tun hat und alles mit dem Mut, ganz da zu sein.
Wer nur Tourenberichten erwartet, wird überrascht sein. Dieses Buch ist kein Gipfeltagebuch, sondern ein Vermächtnis – eine leise Einladung, den eigenen Weg mit mehr Klarheit, Demut und Leidenschaft zu gehen.
Ein ehrliches Vermächtnis und eine Einladung zum Nachdenken
Die Texte wirken stellenweise wie direkt aus seinem Notizbuch gegriffen – fragmentarisch, aber voller Substanz. Mal erzählt er von der Euphorie nach einer gelungenen Route, mal von der Leere danach. Mal steht da ein technisches Detail, mal ein einziger Satz, der nachklingt wie eine ganze Tour.
Genau diese Mischung macht das Buch so besonders: Es ist kein reines Abenteuerbuch, sondern ein Spiegel seines Weges – mit allen Höhen und Tiefen.
Besonders beeindruckend ist die emotionale Offenheit. Lama beschönigt nichts. Er schreibt über seine Leidenschaft für die Berge, aber auch über die Verantwortung, die sie mit sich bringen. Seine Worte sind nie auf Effekte aus, sondern getragen von Haltung.
In seinem Bericht über die Bohrhaken-Kontroverse rund um das Filmprojekt am Cerro Torre spricht er mit entwaffnender Offenheit über eigene Fehler, Kritik von außen und die ethischen Abgründe, die sich vor ihm auftun. Was bleibt, ist das Bild eines tief getroffenen Bergsteigers, der sich nicht hinter Ausreden versteckt, sondern sich der Debatte stellt – mit Klarheit, Zweifel und Verantwortungsbewusstsein.
Aus Kanada meldet sich der Kletterer Will Gadd, der auch bei Red Bull unter Vertrag steht. Er will wissen, was los ist, seine amerikanischen Kollegen machen ihm wegen seines Red-Bull-Helms die Hölle heiß. [...]
Wir sprechen via Skype miteinander. Will gibt sich alle Mühe, mich zu verstehen, als ich ihm erkläre, dass keinesfalls wie beschrieben sechzig Bohrhaken gesetzt wurden und dass ich die Kritik für total überzogen halte. Dann sagt er etwas Bemerkenswertes: Es hätten überhaupt keine Bohrhaken gesetzt werden sollen, David.
„Not a single bolt should have been placed, David.“
Ich kenne Will nicht persönlich, aber er scheint mir ein diplomatischer und belesener Typ zu sein. Sein kategorischer Befund kommt mir zwar hart vor, aber er hinterlässt einen starken Eindruck und berührt etwas, woran ich selbst auch schon diffus gedacht habe, ohne jedoch zu einem klaren Ergebnis zu kommen. In unserem Gespräch sagt Will außerdem: Wenn Fehler gemacht wurden, muss man sich dazu bekennen. [...]
Im Red Bull Media House, wo die Sache permanent diskutiert wird, ist man nicht dieser Meinung. Im Mittelpunkt der Überlegungen steht das Filmprojekt. Es herrscht die Gewissheit, dass ein Projekt dieser Größenordnung und dieses Qualitätsanspruchs nur so durchzuführen sei, wie das in der vergangenen Saison angegangen wurde: mit Bohrhaken, Fixseilen und dem Plan, nach getaner Arbeit alles wieder zu entfernen. Was dabei nicht erkannt wird, ist, dass die Realisierung des Films dabei zweifellos über der Frage steht, ob die Expedition ethisch korrekt auf dem Berg bewegt.
Ich selbst beschäftige mich in diesen Tagen permanent mit der Kritik, in deren Kreuzfeuer ich stehe. Auch wenn ich am Anfang trotzig reagiere und meinen Standpunkt nach Kräften verteidige, versuche ich für mich selbst dahinterzukommen, was hinter den Anschuldigungen steckt und warum sie mit solcher Wucht über mich hereingebrochen sind.
David Lama
Buch "Sein Leben für die Berge"
Natürlich ist das Wissen um seinen tragischen Tod ständig präsent. Das verleiht vielen Passagen eine stille Tiefe, lässt Sätze auf einmal mehr sagen, als sie auf den ersten Blick preisgeben. Doch genau darin liegt auch die Stärke des Buches: Es lebt nicht von der Tragik, sondern von der Klarheit, mit der jemand sein Leben mit vollem Herzen gelebt hat.
Wer selbst klettert und bergsteigt, wird vieles wiedererkennen. Wer es nicht tut, wird verstehen, warum Menschen dafür brennen. Und wer nach einem ehrlichen Buch sucht, das nicht nur von Bergen, sondern von Entscheidungen, Haltung und Freiheit erzählt, wird hier fündig.
Leserstimmen
Das Buch als Ganzes hinterlässt einen bleibenden Eindruck – ruhig, kraftvoll und zutiefst menschlich. Es wirkt nicht laut, aber lange nach.
David Lama gewährt persönliche Einblicke, die ehrlich, ungefiltert und dennoch nie aufdringlich sind. Seine Worte tragen etwas still Waches in sich, etwas, das zwischen den Zeilen mitschwingt und weit über das Klettern hinausreicht.
Besonders stark wird das durch die lebendigen Fotos, die nicht einfach nur illustrieren, sondern Stimmungen transportieren. Sie lassen Atmosphäre entstehen, erzählen mit Licht und Blicken, was in Worten oft unausgesprochen bleibt. So entsteht das Bild eines Menschen, der mit außergewöhnlicher Klarheit und innerer Ruhe seinen Weg gegangen ist.
Beim Lesen lässt sich unglaublich viel mitnehmen – nicht nur über das Klettern selbst, sondern auch über mentale Stärke, Verantwortung, Fokus und das Verhältnis zur Natur.
Die Texte vermitteln auf leise Weise, wie viel Tiefe in einem scheinbar einfachen Leben zwischen Fels, Eis und Stille liegen kann. Man muss nicht selbst klettern, um zu verstehen, wie klar und konsequent David Lama seinen Weg gegangen ist.
Das Buch ist ein eindrucksvolles Porträt eines Menschen, der nicht nur Berge bestiegen hat, sondern sich selbst begegnet ist – Seite für Seite.
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